Anhand aktueller 3D-Shooter – kein Ruhmesblatt für die Entwickler
Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich für meinen Teil mag Freiheiten. Ob bei der Wahl des geeigneten Abendessens, Internetproviders, Whisky-Destillators – Freiheit ist was Feines. Freiheit hat ihre Grenzen und nicht erst Wittgenstein erkannte, dass es die absolute Freiheit nicht gibt. Soweit, so gut – oder schlecht, wie man eseben sieht. Und das hat jetzt was mit den aktuellen 3D-Shootern zu tun? Einiges 😉
Clive Barker’s Jericho … beworben als „cineastisches“ Spiel und dies trifft voll zu, denn es ist eher ein interaktiver Film, als ein ein 3D-Shooter. Man rennt 90% des Spieles einen Gang entlang, dass dieser mal oben offen ist (nenne ich gern „Carbio-Weg“) oder über einen kleine Lichtung führt (statt mit Bäumen natürlich mit Leichen dekoriert), ist dabei relativ egal. Man hat einen Pfad, trampelt ihn ab, ärgert sich über die dummen Teamkollegen und das war’s. OK, hier und da mal eine Einzelaktion, ein Nutzen der besonderen Fähigkeiten eines Kollegen – Freiheit aber ist vergeblich zu suchen. „U gotta do what u gotta do!“
Soldier of Fortune – Payback … achja, die SoF-Reihe ist abermals um einen Sprössling gewachsen. Das waren sie dann aber auch, die guten Nachrichten, denn ob Djungel oder Stadt: man klappert peu a peu Wegpunkte ab (meist keine 100m Distanz), nietet im Dauerfeuer Gegnerscharen um und schnell macht sich Langeweile im Raume breit. Unsichtbare Levelgrenzen machen das Umgehen und in-den-Rücken-fallen des Gegners unmöglich.
Timeshift – ein kleiner Lichtblick, wenn auch nur eher eine Kerze im Raum. OK, man kann bei Kerzenschein essen, aber das Auge isst mit, somit auch der Freiheitsdrang. Man hat wahrlich nicht viele Möglichkeiten, aber immhin kann man sich zurückziehen, durchschnaufen, Anzug-Energie wiederherstellen, hier und da einen kleinen Umweg nehmen, sich zum Maschinengewehrstand „timeshiften“ (kurz die Zeit anhalten) und die Gegner wegsensen.Wirkliche Alternativwege gibt es aber nicht.
Crysis – als Far Cry 2 erhofft, als Flop gestrandet. EA hat beste Arbeit geleistet, denn aus einem gigantischen Areal voller schöner Wege wurde ein öder tu-dies-niete-die-da-um Shooter, ein wunderschöner zwar, aber eine Enttäuschung für alle, die mehr als nur eine leckere Grafik erwarten (also wohl alle Volljährigen … naja, vll. 20 … 23 Jahre? Mid-Twens? Achjee, die Welt geht vor die Hunde *gg*). Wenn man nicht grad über Straßen latscht, „leert“ man kleine Dörfer, wundert sich, wo der feindliche Helikopter herkommt und warum der immer weiß, wo man ist und weshalb er so toll zielen kann. Passt man nicht auf, könnte man den Eindruck einer freien Welt gewinnen, doch Augen auf: die Freiheit endet nicht bei der Wahl der Waffen oder der Reihenfolge der umzunietenden Gegner! Die Panzerschlacht ist eher ein Ausrutscher, die Flug-Kämpfe typisierender als alles Andere. Erinnert mich stark an Rebel Assault … war auch eine tolle Grafik, war auch linear hoch 3 (klar, vorgerendert, was sonst), wurde auch schrecklich schnell schrecklich öde. Was bleibt, ist der Eindruck, dass die Macher auf 2 Dinge setzten: die angesprochene Grafik und Konsolensolenspielerhirne.
Warum eigentlich „linear“? Die Frage ist schnell beantwortet: es ist leicher zu programmieren! Man kann die KI in den Keller jagen, die Level größtentechnisch kleiner gestalten, hat zudem die Chance, weniger Bugs zu verzapfen, kann auf eine jüngere Klientel setzen (je unerfahrener, desto leichter zu beeindrucken) und last but not least muss man nicht so viel Gehirnschmalz investieren.
Nö? Doch!
Beispiel? Klaro!
Crysis: die nichtvorhandene KI erkennt man super an den Bewegungen der Gegner, diese nämlich laufen wie aufgescheuchte Hühner herum, wenn sie den Spieler nicht sehen. Dies ist bei Crysis sogar so krass, dass sie einem der Opponent den Rücken zukehrt, in selbigen getroffen wird und dennoch seine Position nicht ändert. EA @ its best! In den Rücken fallen, ist nicht drin, den dummen Gegnen verbleibt also eine minimale Chance.
SoFP: die Gegner feuern und treffen sogar, wenn sie den Spieler nicht sehen, laufen dann aber wie Selbstmörder auf ihn los. An dieser Stelle eine Frage an den Sesselanthropologen: Sag mal, Emil D., Nachahmung dankt unreflektiertem Handelns oder des kosmische Faktors „Hitze“ wegen?
Jericho: „Taktik“ ist ein totales Fremdwort, denn alles ist geskriptet. Rennt die Scharfschützin (!) vorweg und erreicht eine bestimmte Koordinate, springen die Zombies aus dem Boden. Darauf folgt eine Minute Dauerfeuer und Ruhe kehrt ein.
Timeshift: wenigstens hier halten die Gegner auch mal inne, werfen lieber Granaten, als dumm in der Gegend herumzustehen.
Leveldesign? Abwechslung? Das gab es doch schonmal, warum wurde dieser Weg abgesperrt? Sollen Shooter-Fans vertrieben werden? Es muss doch keine Oblivion-Ausmaße annehmen, aber Far Cry, Boiling Point oder Deus Ex zeigten doch, wie es gehen kann.
Nimmt man nun noch „Hellgate London“ dazu, so haben wir innerhalb von 6 Wochen mal eben 5 potentielle Knaller, von denen ALLE versagen! Timeshift wurde teils heftig abgewertet, den Dummsinn bei Far Cry zeigen nur die wenigstens auf. Man möchte manchmal denken, NV hat nicht nur 4 Mio für die Ingame-Werbung, sondern auch x Millionen in die Shut-Off-Brain-Technolgy investiert.
In diesem Sinne …
MFG „wiedermal enttäuscht und sich fragend, ob sich eine 8800GT überhaupt jemals lohnen wird“ IVI