Kaum sind es draußen mal 35 °C, fallen die Klimaanlagen in ICE-Zügen aus.
Kaum sind es draußen mal 35 °C, schwitzen die Menschen auch im ÖPNV.
Kaum sind es draußen mal 35 °C, sind Ventilatoren in Baumärkten restlos ausverkauft.
Kaum sind es draußen mal 35 °C, schieben Krankentransporte und Notärzte Überschichten.
Man könnte glatt meinen, die Menschen des Informationszeitalters wüssten nicht, dass es im Sommer elendig heiß werden kann.
Sommer ’85: IVI brät auf Rügen, der Sand ist so heiß, dass man kaum auf ihm barfuß laufen kann.
Sommer ’88: IVI brät auf dem Balkon bei 35 °C im Schatten
Sommer ’91: IVI brät in der Sächsischen Schweiz bei 35°C im Schatten auf der Bastei.
Sommer ’99: IVI brät in seinem Auto im Stau, Schatten gibt’s nicht, runde 50 °C sind es im dunkelroten Renault.
Sommer ’03: IVI brät sechs Wochen am Stück.
Sommer ’06: IVI brät beim Public Viewing.
Sommer ’08: IVI brät natürlich mal wieder, besonders ungünstig, da Abschlussprüfungszeit ist.
Ist mein Gedächtnis nicht von den -20 °C des letzten Winters gefrostet wurden? Wohl aber das der meisten Menschen des Sommermärchen-Landes? Mein Running-Gag im Winter, wann immer es in Gesprächen um die tiefen Temperaturen gng, war folgende Aussage: „Ich habe extra beim meteorologischen Institut angerufen und die meinten doch tatsächlich, dass es im Winter „verdammt kalt“ werden kann! Wahnsinn, oder?“ Den Gag spare ich mir für den diesjährigen Sommer, weil ich einfach keine Lust mehr habe, die Menschen in irgendeiner Form darauf hinzuweisen, dass „Sonne“ nun mal „Hitze“ bedeutet. Was erwarten die BürgerInnen des Landes eigentlich? Pralle Sonne bei 25 °C und die Wassertemperaturen der Badeseen und Freibäden in der gleichen Region? „Es giert der Mensch nach Wärme, so er friert. Es giert Selbiger nach Abkühlung, so der Schweiße läuft.“
Ich hab in den ’80ern schon in Autos gesessen, in denen es im Hochsommer fast 60 °C waren – warum sollte das heute anders sein? Noch dazu, da das Interieur ja schlauer Weise nur noch die Farben Schwarz, Anthrazit & Dunkelgrau kennt. Wo sind die silbernen Sitzbezüge? Wo die terracotta-farbenen Armaturenbretter? Wo die ocker-farbenen Lenkräder und die weißen Schaltknüppel? Wenn Sie komplett schwarz gekleidet durch die Mittagssonne laufen, sich dann über die Temperatur der Kleidung beschweren, zeigt man Ihnen zu Recht den Vogel. Wenn Sie in Bus und Bahn, in PKW und auf Parkbänken sich über die enormen Oberflächentemperaturen mokieren, stimmt man Ihnen mit Sicherheit deutlichst zu.
Letzten Montag wagte ich es, zu einem Baumark zu fahren, ein Standventilator mit Fernbedienung war Objekt meiner Begierde. Es waren flockige 36 °C im Schatten und über 50 in der Sonne – das war scheinbar auch der Klimaanlage im Bus der Leipziger Verkehrsbetriebe zu viel, denn wälzte nur noch die heiße Luft um, aus den zwo (!) angeklappten Fenster kam natürlich auch kein frischer Wind. Noch bevor ich an der Zielhaltstelle angekommen war, verließ ich den Bus, um Luft ringend, setzte mich unter eine Kastanie und benützte intensiv meinen Aufklappfächer. Die kleinen Kinder, die älteren Damen und noch älteren Herren, die im Bus verbleiben mussten, hatten diese Möglichkeit nicht. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie die sich fühlen mussten. Bei Hitze wird mir einfach nur warm, Fächer & Tücher, dazu ein kühles Malzbier im Rücksack – nicht angenehm, aber ungefährlich. Zwar nervig, aber nicht kritisch. Kaltwasserspender im ÖPNV? Klappfächer im Corparate Design? Funktionierende Klimaanlagen? Zukunftsmusik! Wenn überhaupt, denn gespart werden muss überall – auch beim „Luxus-&-Comfort-Reisen“ der Deutschen Bahn. Man sollte den kompletten Bahnvorstand mal in einem Hitze-ICE von Rostock nach Freiburg jagen und die LVB-Bosse mal in einem 50 °C-Bus von Probstheida nach Leutzsch. Wetten, dann würde sich etwas ändern?
MFG IVI